Lehrer*innen und Pädagog*innen berichten über die derzeit schwierige Situation einzelner Kinder. Der oft nicht altersgemäße Medienkonsum und die Zeit vor Bildschirmen haben sich schon im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 enorm gesteigert. Der Umgang in sozialen Netzwerken, Cybermobbing, Fake News, "Aufklärung" durch Pornos oder Terror vor der Haustüre werden so zum Konfliktpotential. Klassengemeinschaften machen mitunter schwierige Zeiten durch. Die Themen in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen vermindern sich in dieser schwierigen Zeit nicht und sie verschwinden auch nicht!
Genau hier setzen externe Workshops, Projekttage und Informationsveranstaltungen in Schulen und außerschulischen Einrichtungen an.
Diese externen Workshops und Projekte werden seit Jahren von Schulen in Anspruch genommen. Diese arbeiten mit zahlreichen, meist selbständigen Trainerinnen und Trainern aus unterschiedlichen Institutionen zusammen. So können verschiedenste Workshops, Projekttage, Seminare und Vorträge an Schulen und außerschulischen Einrichtungen durchgeführt werden. Dazu zählen unter anderem die Themenbereiche
Diese breit gefächerten Leistungen gehen weit über die von Bildungsminister Faßmann erwähnten Leseomas hinaus und sind als gesundheitsfördernde Maßnahmen zu sehen.
Sobald Schulen jedoch keine externen Angebote mehr in Anspruch nehmen können, fehlt Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, um über ihre Gedanken und Probleme zu sprechen, die im Regelunterricht oft nicht genug Raum bekommen können. Pädagog*innen und Lehrende bekommen durch externe Impulse die Möglichkeit, ihre Schülerinnen und Schüler von außen betrachten zu können und in schwierigen Fragen Unterstützung zu erhalten. Gerade in Zeiten der Pandemie darf nicht vergessen werden, dass Kinder und Jugendliche Kontakt zu anderen Kindern und Jugendlichen brauchen, aber auch die Auseinandersetzung mit Erwachsenen, die sie solidarisch-kritisch dabei begleiten, zu selbst- und sozialverantwortlichen Erwachsenen zu werden.
Ebenso notwendig sind außerschulische Angebote wie Jugendzentren, um Kinder und Jugendliche aufzufangen, die zuhause wenig Unterstützung haben oder einen sicheren Ort außerhalb der eigenen vier Wände brauchen. In der Kinder- und Jugendarbeit werden die Aktivitäten in der Freizeit betont. Die Aktivitäten zielen auf informelles und nonformales Lernen während der schulfreien Zeit ab und bieten dadurch schulergänzende Qualifizierungen. Diese fehlen im Moment und verhindern so massiv Möglichkeiten zur individuellen Weiterentwicklung und -bildung junger Menschen.
Auch für Eltern und Elternvertretungen stellt das Leistungsspektrum von externen Trainer*innen und Coaches in den Klassen ihrer Kinder eine hilfreiche Ergänzung dar, wie beispielsweise in allgemeinen Fragen der Erziehung.
Die Initiative Saferinternet.at, die in ganz Österreich Workshops und Veranstaltungen zum Thema Medienbildung und sichere Nutzung von Handy und Internet durchführt, berichtet von etwa 1.750 durchgeführten Workshops von Jänner bis September 2019, bei denen bundesweit 40.000 Teilnehmende (Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrende) erreicht werden konnten. Im ganzen Jahr 2019 waren es 2.700 Workshops mit etwa 61.000 Menschen. Im Vergleichszeitraum 2020 konnten aufgrund von Betretungsverboten an Schulen nur etwa 700 Workshops mit nur 15.500 Teilnehmenden in Präsenz abgehalten werden. Das entspricht über beide Jahre gerechnet einem Einbruch von fast 70%. Gegenwärtig wird versucht, einen Teil über Online-Workshops abzufangen.
"Durch den Lockdown im Frühjahr 2020 und dem Verbot für Workshops ab November 2020 mussten bisher fast 60 Workshops und damit über 50% des gesamten Workshopkontingents eines Kalenderjahres abgesagt werden. Das entspricht in etwa 1.100 Kindern, eben so viele Eltern(paare) und über 100 Pädagog*innen und Direktionen, die nicht erreicht werden konnten", berichtet der Verein PIA - Prävention, Beratung und Therapie bei sexueller Gewalt aus Linz.
Im Bereich von gemeinschaftsfördernden Projekttagen wurden 2019 mehr als 330 Schulklassen professionell, extern betreut. Im Jahr 2020 konnte nur ein minimaler Bruchteil davon durchgeführt werden. Davon betroffen sind über 8.000 Schüler*innen und Schüler, rechnen Teamkiste - Betreute Projektwochen und Freispiel - Verein zur Förderung von Persönlichkeitsentwicklung.
Diese Einrichtungen und Trainer*innen sind systemrelevant, weil:
Sie sind eine Ergänzung zum regulären Unterricht und Unterstützung der Fachkräfte, denen in Bezug auf viele dieser Themen die zeitlichen Ressourcen und pädagogischen Möglichkeiten im Rahmen des regulären Unterrichts sowie in der Jugendarbeit fehlen.
Durch das COVID-19-bedingte Betretungsverbot an Schulen für externe Expert*innen gehen ganz viele gesellschaftspolitisch wichtige Inhalte und die dazugehörige präventive Arbeit für Kinder und Jugendliche verloren. Deren Lebenswelt, Sorgen und Ängste sind trotzdem weiter vorhanden.
Wichtig wäre, bei allem Verständnis für die aktuellen Maßnahmen, dass Kinder und Jugendliche eine themenbezogene Möglichkeit haben, mit externen Expert*innen zu kommunizieren.
Eine Idee ist, dass es eine staatlich finanzierte Möglichkeit gibt, um Infrastruktur zur Durchführung von Online-Workshops und deren Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, damit Kinder und Jugendliche mit den Expert*innen online oder telefonisch sprechen können.
Diese wichtige Arbeit, die normalerweise in Präsenz an den Schulen und in Jugendzentren oder an anderen Standorten stattfindet, bleibt gerade komplett auf der Strecke. Falls es wieder möglich sein wird, an die Schulen und außerschulischen Einrichtungen zu gehen, wäre eine staatliche finanzielle Unterstützung bei der Durchführung dieser Angebote wichtig.
Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei, selbst wenn in naher Zukunft ein Impfstoff zugelassen wird. Wenn schon nicht im ganzen Ausmaß verhindert werden kann, dass Kindern- und Jugendlichen, noch über eine längere Zeit große Nachteile daraus erwachsen, so können diese zumindest minimiert werden. Dazu muss der Staat unterstützen.